Wird es Diablo 4 schaffen über lange Zeit zu motivieren? Vielleicht, aber aktuell wohl nicht.
Diablo 4 ist nun seit ein paar Wochen draußen und es konnte sich denke ich schon als würdig erweisen. Die ersten Meinungen waren schnell gesetzt und zeugten von einem überaus positiven Spielerlebnis, was nicht zuletzt auch schon durch die zwei bzw. drei Betas angeheizt wurde. Insgesamt war aber auch eine sehr optimistische Grundstimmung zu vernehmen. Eventuell sogar zu optimistisch? Wie sieht es aktuell aus und wie könnte es sich zukünftig entwickeln? Ich ziehe denke ich dann doch eine etwas ernüchternde Bilanz zum aktuellen Zeitpunkt, bin aber trotzdem sehr gut gestimmt von dem was daraus noch werden kann. Fakt ist, Blizzard hat eine wunderbar düstere Welt geschaffen. Das Artdesign kann an allen Ecken und Enden überzeugen und sieht nicht nach Diablo 3 aus und schon mal nicht nach einem klobig bunten Warcraft. einem Stil den sich Blizzard ja doch jahrelang erfolgreich bedient hat. Der war jedoch bei einigen Spielern in Diablo 3, muss man so sagen, verhasst. Bei mir zum Glück nicht und ich konnte auch immer mit dem dritten Teil sehr viel Spaß haben. Das soweit gehend es sogar auf mehreren Systemen zu besitzen und einiges neu zu erspielen. Wie eben auch auf der Nintendo Switch. Das wird bei Diablo 4 schon technisch nicht möglich sein, es sei den es kommt eine aufgebohrte Switch 2 heraus. Aber aus vielerlei Gründen, kann ich es mir auch so gar nicht vorstellen, es mehrmals zu kaufen. Und das leider auch aktuell aus der Frage heraus: Wie sieht es mit der Motivationskurve bei Diablo 4 aus?
Jeder kennt es und kann es sicherlich nachvollziehen, mit Diablo 2 konnte man sich hunderte Stunden beschäftigen. Das eben auch mit Diablo 3. Wobei diese Spiele doch eigentlich gar nicht so viel boten? Oder doch? Diablo 4 muss man jetzt natürlich noch zu Gute halten, es ist eben erst ein paar Wochen alt und es kann sich ähnlich wie in den Vorgängern noch einiges grundlegend ändern. Aber auch das hatte Grenzen und wird sicherlich auch bei Diablo 4 so sein. Sehr tiefgreifende Aspekte wird Blizzard sicherlich nicht anrühren. So wird es kein hundertprozentiges Einzelspielerspiel mehr werden, dafür dürften zu viele MMO-Mechanismen zu tief verankert sein – um dies jemals umzukrempeln – geschweige es zu wollen.
Die große Problematik dahinter ist es denke ich aber nie gewesen, da Diablo irgendwie auch immer mit der Onlinewelt verbunden war. Der nächste Schritt es ständig in eine Online-Umgebung zu packen war daher naheliegend. Bei Path of Exile hat es ja anscheint auch nie jemanden gestört und ist eher ein Sturm im Wasserglas. Vielmehr problematisch wirken sich jetzt spielerische Elemente aus, die anfänglich ganz spannend waren aber zu schnell Abnutzungsspuren aufweisen und die anfängliche Euphorie bei vielen verblassen lässt. Da schaden vor allem die typischen 08/15 MMO Wiederholungen und Nebenaufgaben dem Gesamteindruck, vor allem wenn man sich erst einmal vermehrt um die Hauptstory gekümmert hat.
Diablo ist auch immer ein Spiel gewesen welches schnell zu erlernen und doch schwer zu meisten war. Gut, den letzten Teil, das sehen einige PoE-Spieler vielleicht kritisch, weil sie ihr Spiel als noch viel schwerer empfinden. Aber gerade die Zugänglichkeit war auf jeden Fall gegeben und viele Spieler hatten gar nicht den Ansporn es irgendwie zu meistern, denn auch so konnte man sehr viel Spaß haben, neue Charakterkalssen ausprobieren und durch die gesammelte eigene Erfahrung mit dem Spiel auch immer ein wenig schneller vorankommen als noch bei den ersten Malen. Zudem bietet Diablo, so auch das neue wieder eine schöne epische Story. Auch dahingehend konnte sich Blizzard immer den Genreprimus-Status verteidigen. An diesen diabolischen Zutaten hat kaum etwas herangereicht oder konnte es je wirklich besser machen. Dazu hatte Blizzard einfach etwas gefunden und es optimal besetzt. Kein anderer würde hier jemals auftrumpfen können. Himmlische Engel gegen höllische Dämonen und wir Menschen als Zankapfel dazwischen, das kann wohl kaum ausgestochen werden. Das hatte und hat seinen Reiz bis heute bewahrt – ist aber sicherlich auch immer alles etwas subjektiv – wenngleich die beeindruckenden Verkaufszahlen schon widerspiegeln, das dies ein nicht unerheblichen Teil der Spieler weltweit in den Bann zieht – aber eben nicht nur.
Und die Story wird viele wieder in ihren Bann ziehen das ist sicher und sie ist eben auch ein Grundpfeiler der Serie, spätestens seit Diablo 2. Viel wichtiger dürfte dennoch für einen nicht unerheblichen Teil der Spieler mehrere andere zentrale Spielelemente sein. Den Charakter zu entwickeln, seine Fähigkeiten auszubauen und viele, vor allem am besten nützliche Gegenstände zu finden. Auch da gibt es keine Abstriche im neuen Teil nur ist einiges halt etwas anderes. Auch hier sollte es wieder die Mischung machen. Etwas alte Schule hier und ein wenig Moderne da. Fähigkeiten die herauf gestuft werden können, Verbindungen zu noch besseren Angriffen haben und natürlich Synergien zwischen einander erzeugen, ist ein wenig Diablo 2 und die Paragonstufen ab Level 50 bis 100 sind dann wiederum etwas Diablo 3. Letzteres diesmal etwas abgespeckter und dennoch interessanter über eine Art Fähigkeitenbrett. Hier gibt es dann sogar noch sockelbare Glyphen, um bestimmte Fähigkeiten zu verstärken. Das ist Tatsächlich ein Aspekt, den man sich aus PoE angeeignet hat. Glyphen können auch weiterentwickelt werden um deren Stärke und Radien zu erhöhen.
Bei so viel Vielfalt, warum wird es an der Langzeitmotivation mangeln, wie ich glaube? Die Story ist meiner Meinung nach fantastisch. Sie bietet wieder viel um zu unterhalten, ein paar Wendungen und etwas Drama – wird aber sicherlich nicht so freudig und eindeutig ausgehen wie in anderen Teilen. Aber auch das war wohl zu erwarten. Denn Diablo 4 ist ja ein Service-Game, also ein Spiel was über einen langen, sehr langen Zeitraum vom Entwickler mit neuen Inhalten unterstützt werden soll. Und natürlich wird es dann auch um größere kostenpflichtige Erweiterungen gehen. Das ist aber noch Zukunftsmusik, verdeutlicht aber schon auch einmal wo die Reise hingehen wird. Wenn es ähnlich wie ein MMO funktioniert, wird es vielleicht auch zu einer beachtlichen Anzahl von Erweiterungen wie bei World of Warcraft führen. Das ist aber ein anderes Thema und muss sich erst zeigen ob das gut oder schlecht ist.
Um auf den Punkt zu kommen, im aktuellen Zustand halte ich die Charakterentwicklung für sehr träge und das wird den späteren Spiel, spätestens nach der Story wohl viele Spieler kosten. Blizzard wollte einen Spagat schaffen von alten Teilen, vor allem Diablo 2 mit seiner düsteren Ausrichtung und modernerden Teilen. Ich denke aber eher weniger Diablo 3 als vielmehr einem Diablo Immortal und grundsätzlichen MMO-Elementen. Und das könnte vielleicht dem Spiel nun Schaden zufügen, weil vieles sehr viel Zeit benötigt und dennoch sehr seicht ist, um wirklich langanhaltend zu motivieren. Ich denke um diesen in Diablo 3 zu kompensieren, hatte man dort das Spielgeschehen deutlich beschleunigt und so immer wieder auch mit allmählichen, einfachen Sessions begeistern können. Und im normalen Spielen wurden viele Fortschritte von allen Charakteren wiederum für alle (bis auf die Sessions) weitergegeben. Natürlich nicht der normale Levelerfolg aber beispielsweise die Paragonstufen. Dort wurde der sogenannte „Grind“ für den Spieler immer auf ein erträgliches Maß gehalten und hier wird es aktuell in Diablo 4 düster. Der Großteil der Spieler wird sich dem nicht stellen wollen, um das Spiel vollumfänglich zu meistern, sondern um damit Spaß zu haben – wenn aber viele Spielelemente zu gleich sind und es in ständigen Wiederholungen ausartet, wird das die Spieler vergraulen oder einfach gesagt langweilen. Und das kann so auf längere Zeit nicht gut gehen. Es gibt als Kompensation dennoch einige Belohnungen und Stufen, die für alle Charaktere des Realms freigeschaltet werden – jedoch hatte ich bisher das Gefühl das dies im Grundrauschen des Spielgeschehens auch bei neu angelegten Figuren untergeht und wenig beschleunigt. Vor allem wird es spannend, wenn Blizzard die periodischen Sessions einführen will. Die Frage ist: Was dem Spieler geboten wird? In Diablo 3 konnten sicherlich auch Haustiere und Aussehen freigespielt werden, für viele war es aber sicherlich schon Reiz genug, ein neues mächtiges Set freizuspielen und auszuprobieren. Diese gibt es bekanntlich in Diablo 4 noch gar nicht. Und nur kostenlose oder kostenpflichtige Aussehen freizuspielen halte ich für ganz schön dünn. Also besonders hier wird es spätestens in einigen Wochen spannend werden, welche Reaktionen Blizzard hervorrufen wird, mit dem was sie eigentlich vorhaben. Die Session hatten ab und an auch einige neue Spielelemente die ins Hauptspiel übernommen wurden oder nur in der laufenden Session vorkamen. Wir wissen jetzt schon, dass dies Blizzard auch bei Diablo 4 vorhat und dies größer angehen möchte als noch beim Vorgänger. Ob das Spieler lockt ist fraglich, weil auch dennoch viele Aufgaben immer wieder von vorn angegangen werden müssen. Anders als in Diablo 3 werden wohl aber ein paar Belohnungen aus dem Grundspiel für einen neuen Session Charakter mit übernommen werden. Ärgerlich wird für viele einfach sein, dass neue Dinge eben nicht mit einem schon starken Charakter genutzt werden können. Vielleicht sollte Blizzard zumindest überlegen – Neuerungen nicht nur in den Session spielbar zu machen. Das schwächt aber eben wieder diesen Teil des Spiels und daher wird dies wohl eher nicht so kommen. Blizzard muss aber irgendwie bei Diablo 4 für Begeisterung sorgen, sonst läut das so definitiv keine Jahrzehnte mit einer großen Anzahl an Spielern.
Diablo 2 selbst begeisterte anders und dennoch schon in Grundzügen ähnlich. Es hatte vornehmlich seinen Storyablauf, den man wieder und immer wieder spielte und dennoch haben die Spieler sehr viel Motivation daraus ziehen können, weil es doch spürbare Entwicklungen für jeden gab und sich die Spieler selbst Szenarien gesucht haben, die sie immer wieder spielten um Erfahrungen und Items zu sammeln. Solche Runs waren sehr beliebt, irgendwie aus der Not geboren und dennoch absolut spaßig. Zudem war es einfach auch eine andere Zeit in der es erschien. Da war vieles nicht vorstellbar und das was es in Diablo 2 vorgab, war damals ein immenser Reichtum an Spielmechaniken. Diablo 3 hingegen führte immer mehr in Richtung eigener Wiederholungen – jedoch und das ist aktuell der Unterschied ging dies teilweise sehr flott von der Hand und auch der Umstand der unglaublich vielen Schwierigkeitsstufen hat sich positiv darauf ausgewirkt, immer den passenden wählen zu können, und trotzdem spürbar voranzukommen, sich und seine Ausrüstung zu verbessern. Es gab zwar später immer den Punkt alles zu kennen und nichts groß neues von Blizzard zu bekommen aber es war eben gut aufeinander abgestimmt. Ein Punkt der nicht zu vernachlässigen ist.
Diablo 4 hat Schwierigkeitsstufen aber die wirken noch wenig beeinflussend auf den Spielablauf. Das kann aber vor allem daran liegen, das anders als in den Vorgängern die Gegner mitleveln und immer das gleiche Level besitzen. Es gibt zwar ein Höchstlevel pro Schwierigkeitsstufe für die Monster aber da ist noch wenig Varianz drin. So sollte es sicherlich entschlackt werden aber auch hier werden sicherlich mehr Hardcore-Spieler bedient werden. Viele fühlen sich wahrscheinlich sogar genötigt mit schlechteren Charakteren und Ausrüstungen trotzdem in höheren Stufen zu spielen (sofern man soweit kommt), um überhaupt noch genügend Erfahrungspunkte zu sammeln, geschweige denn bessere Ausrüstung zu finden. Auch das verändern vorhandener Gegenstände kann im normalen Modus starke Grenzen aufweisen, weil dafür dann wiederum sehr schnell, sehr viele oder sehr seltene Materialen benötigt werden, die es wiederum erst in der Alptraumstufe (Stufe 3) zu finden gibt. Ein schlechtes Konstrukt, wie ich finde. So kann einiges sicherlich zum großen Hemmschuh für Normalspieler werden und ist daher prädestiniert für eine feinere Justierung, damit jeder Spieler die Möglichkeit bekommt überhaupt in weitere Stufen vorzudringen. Das Problem führt meines Erachtens auch unweigerlich und verstärkt dazu, dass Spieler wieder stark versuchen Klassen und Mechaniken so zu erlernen, wie es an andere Nutzer vorgeben. Das ist schade, weil das Fähigkeitensystem viel mehr vorgibt aber aktuell in diversen Kombinationen noch wenig sinnvoll ist.
Die Stellschrauben müssen auch nicht unbedingt strenger angezogen werden – das war bei den ersten Hotfixes die bisherige Antwort Blizzards. Viel eher müsste breiter gesät und bei vielen Klassen das eine oder andere verstärkt werden. Eventuell auch sinnvollere Eigenschaften der einzelnen Ausrüstungsteile die aufgefunden werden. Oder aber eine kostengünstigere Variante alle Gegenstände aus ersteren Schwierigkeisstufen zu verändern. Eine bunte Palette an Mechaniken biete es ja, die nur jetzt besser zusammengeführt werden sollten. Das wird hoffentlich dennoch nicht Monate dauern, auch wenn ein Diablo oder die meisten guten Action-Rollenspiele tatsächlich mit viel Geduld verbunden sind. Keines war am Anfang wirklich perfekt. Ich bin optimistisch, dass dies auch wieder so sein wird und sich positiv entwickelt. Vor allem ist es ein offenen Geheimnis das in Spielen wie auf Webseiten Analyseprozeduren zum Einsatz kommen. So gesehen wird Blizzard seine Spiele sehr gut auswerten und sehen, wenn Spieler Ermüdungserscheinungen zeigen. Spätestens dann wird es interessant werden, welchen Weg man einschlagen möchte. Das Artdesign ist klasse, das Grundkonzept gegeben und sehr interessant aber alles ist doch noch sehr ausbaufähig. Ich denke das beschreibt das Diablo 4, wie wir es aktuell im Juni 2023 bekommen haben sehr trefflich. Nun geht es daran die Balance zu finden und darin soll Blizzard ja ganz gut sein. Hoffentlich haben sie es nicht verlernt.